Kaum haben die Sommerferien begonnen, nutzen bereits nahezu 120 Schülerinnen aus Hessen ihre freie Zeit, um neue praxisorientierte Einblicke in den Arbeitsalltag einer Chemielaborantin, Informatikerin, Mechanikerin, Elektronikerin und vieler anderer MINT-Ausbildungsberufe zu erhalten. Genau dies ist neben zahlreichen Sport- und Freizeitaktivitäten bei den MINT Girls Camps nämlich möglich.
MINT steht dabei für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik und bietet dank fortwährend guter Entwicklung gute Beschäftigungschancen. Dennoch werden MINT-Berufe nach wie vor mit dem männlichen Geschlecht konnotiert und Frauen sind in diesem Bereich weiterhin unterrepräsentiert. Es wird immer wieder deutlich, dass insbesondere Mädchen und junge Frauen hinsichtlich ihrer Entscheidungsprozesse zur eigenen Berufsperspektive nicht ausreichend vorbereitet sind oder dabei nur unzureichend unterstützt werden. Gleichzeitig prognostizieren zahlreiche Studien einen steigenden Bedarf an Fachkräften.
Um genau diese Hürden auf dem Weg zu Arbeitsmarktintegration zu überwinden und damit dem steigenden Fachkräftemangel Rechnung zu tragen, sollen junge Frauen für die naturwissenschaftlich-technischen Ausbildungsberufe begeistert werden. Ein Beispiel dafür, wie dabei die Perspektiven und Bedürfnisse junger Frauen geschlechtersensibel und gezielt in den Fokus genommen werden können, ist das Projekt MINT Girls Camps. Dieses wird auf Initiative des Hessischen Ministeriums für Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) und der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit von der Sportjugend Hessen im Landesportbund Hessen e.V. und ihrem Kooperationspartner Provadis, dem Fachkräfteentwickler der Industrie, gemeinsam umgesetzt.
Das Projekt leistet einen einzigartigen Beitrag zur Zukunfts- und Berufsorientierung junger Frauen und trägt damit auch zum Aufbau einer vielfältigen, stabilen Gesellschaft und Wirtschaft bei. Hierdurch können die Teilnehmenden ihren Blick auf ihr Berufswahlspektrum erweitern. Und dies scheint dringend nötig zu sein. Obwohl MINT u.a. durch die Digitalisierung, erneuerbare Energien, selbstständigem Fahren und dem verbesserten medizinischen Fortschritt immer weiter Einzug in unseren Alltag erhält, ist MINT als berufliche Perspektive in vielen Köpfen noch nicht ganz angekommen. So sind die Mädchen am Ende eines Camps oftmals überrascht, welche Möglichkeiten und Chancen der MINT-Bereich bietet. Der überwiegende Anteil gibt nach einem Camp sogar an, sich vorstellen zu können, in einem MINT-Beruf zu arbeiten. Und tatsächlich berichten kooperierende Firmen von Schulabsolventinnen, die sich nun für ein Praktikum oder eine Berufsausbildung bewerben.
In 2017 wurden neun Camps mit den Camp-Standorten Darmstadt, Wiesbaden, Wetzlar/Gießen, Hanau, Fulda Frankfurt, Kassel, Marburg und Offenbach in den hessischen Sommer-und Herbstferien durchgeführt. Dank der Förderung durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung aus Mitteln des Europäischer Sozialfonds sowie der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit beträgt der Eigenbetrag pro Teilnehmerin lediglich 50 Euro inklusive Übernachtung und Verpflegung für ein sechstägiges Camp.
Das Camp-Konzept
Zielgruppe des Projekts sind Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren. Insbesondere für Mädchen, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen oder noch nicht wissen, wo es hingehen soll, kann die Teilnahme entscheidende Impulse und Erkenntnisse für die eigene berufliche Orientierung liefern. Mit ihrem ganzheitlichen, außerschulischen Bildungskonzept und intensiv genutzten Netzwerken schaffen es die MINT Girls Camps, praktische Berufserfahrungen und den Erwerb sozialer Kompetenzen zu ermöglichen und dabei aktuelle Entwicklungen in Gesellschaft und Arbeitswelt zu berücksichtigen.
Eine zentrale Bedeutung kommt in den MINT Girls Camps der praktischen Berufsorientierung zu, für die Provadis die Verantwortung trägt und dabei mit zahlreichen regionalen Schulen, Unternehmen und Firmen kooperiert. Diese öffnen in den hessischen Sommer- und Herbstferien an neun unterschiedlichen Standorten für jeweils 20 Schülerinnen ihre Werkstätten und Labore, um Themen wie Metallverarbeitung, Informatik, Naturwissenschaft und Technik praktisch erfahrbar zu machen. „Vor allem das eigene Herstellen eines Werkstücks hat sehr viel Spaß gemacht“, berichtet Alexandra (15 Jahre) aus Herborn nach dem Camp auf die Frage, was ihr besonders gefallen habe.
Für den Rahmen der Camps sorgt die Sportjugend Hessen. Wesentlicher Bestandteil des zugrunde gelegten Gesamtkonzepts außerschulischer Jugendbildung ist die Begleitung der Camps durch qualifizierte Teamleiterinnen. Das durch sie angeleitete, zielgerichtete Sport- und Freizeitprogramm soll u.a. die Entwicklung von Teamfähigkeit, das Selbstvertrauen sowie die Kommunikationsfähigkeit fördern. Denn neben den fachlichen Qualifikationen nehmen die sogenannten Soft Skills eine immer bedeutendere Rolle in der Arbeitswelt ein. Gemeinsame Diskussionen und Reflexionen gehören genauso zum Konzept wie der informelle Austausch der Teilnehmerinnen, um die gemeinsamen Erlebnisse zu vertiefen. Dabei werden Sport und Bewegung als Medium in der Bildungsarbeit eine wertvolle Funktion beigemessen, da hierüber fast alle jungen Menschen angesprochen und zudem in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden können.
Die Kombination kommt gut an. „Mal etwas Anstrengendes, dann etwas Ruhiges, das gefällt mir sehr gut“, beschreibt die 14-jährige Julia aus Rimbach das Camp. Außerdem sei es toll, so viel gemeinsam zu unternehmen, resümiert Alex (14 Jahre) aus Groß-Zimmern.
Während der Trend zur Akademisierung spürbar anhält und deutlich mehr Frauen ein MINT-Studienfach wählen als noch vor einigen Jahren, stehen Ausbildungsberufe nach wie vor hinten an. Daher bringen die Berufsberaterinnen und –Berater der Agentur für Arbeit am Ende einer Camp-Woche den Mädchen die MINT-Ausbildungsberufe als lohnende Alternative näher und bietet sich auch als Vermittler für die nächsten Schritte an.
Mit Soft Skills und sozialer Kompetenz zum Erfolg
Unsere moderne Arbeitswelt ist geprägt von massiven Veränderungsprozessen, von der digitalen Transformation bis hin zu „New Work“, also veränderten Arbeitsplätzen und -strukturen und einer stetigen Neuanpassung und Flexibilisierung von Arbeitsabläufen. Bei den beruflichen Anforderungsprofilen gewinnen Soft Skills und die Ausschöpfung von unterschiedlichen Potenzialen zunehmend an Bedeutung. Das Einzelkämpfertum hat ausgedient, vielmehr stehen Zusammenarbeit und Teamwork sowie vielfältige Persönlichkeiten im Vordergrund erfolgreicher Arbeitsweisen der Zukunft.
Die beschriebenen Veränderungen unterstreichen die Bedeutung, insbesondere der Zielgruppe der jungen Frauen durch eine ganzheitliche Persönlichkeitsbildung neue berufliche Wege zu eröffnen und damit der Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland Rechnung zu tragen. Auch die berufliche Integration von Migrantinnen ist von zentraler arbeitsmarktpolitische Bedeutung. Nicht nur um dem steigenden Bedarf an Fachkräften zu befriedigen, sondern auch im Hinblick auf die Potenziale, die sich aus der Diversität der Mitglieder eines Teams ergeben. Diversität wird daher auch bei den Teilnehmerinnen der Camps angestrebt.
Durch die Verstetigung der Zusammenarbeit mit den regionalen Jugendmigrationsdiensten konnten in diesem Jahr noch mehr geflüchtete Mädchen von den MINT Girls Camps profitierten als im Vorjahr. Die Erfahrungen sind ausgesprochen positiv, insbesondere durch das Wohnen mit den anderen Teilnehmerinnen, dem gemeinsamen Arbeiten an Projekten und Werkstücken und der Anerkennung durch ein Zertifikat konnten die Mädchen wertvolle Erfahrungen mit nach Hause nehmen. Dabei beschränken sich die positiven Erfahrungen keineswegs nur auf die Migrantinnen. Der direkte Kontakt, gemeinsame Diskussionen und Reflexionen sowie der informelle Austausch unter den Teilnehmerinnen tragen beidseitig dazu bei, eventuelle Hemmschwellen und Barrieren zu überwinden und gemeinsam das Erlebte zu vertiefen. Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass das zugrunde gelegte Gesamtkonzept der MINT Girls Camps als außerschulische Jugendbildung auf die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmerinnen ausgerichtet ist.
Das Projekt MINT Girls Camps wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds im Förderprogramm "Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung" und aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit gefördert.
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